Aus der Orientierungshilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „Es ist normal, verschieden zu sein“ (Gütersloh 2014, Seiten 62-64):
„Eine inklusive Gesellschaft ist vielfältig. Heterogenität zeigt sich in unterschiedlichen Neigungen, Fähigkeiten, Kompetenzen, Lebensgeschichten und Lebenserfahrungen.
Es stellt sich damit die Aufgabe, Unterschiedlichkeit zuzulassen, ohne sie mit Auf- und Abwertungen zu versehen. Es geht um Gleichwertigkeit ohne Beliebigkeit. Dazu sind Standards des Zusammenlebens aus ethischer oder rechtlicher Perspektive zu formulieren und bei ihrer Verwirklichung Vielfalt zuzulassen. (…)
Imperfektibilität als Folie für Heterogenität
Inklusion und die damit verbundene Radikalisierung von Heterogenität ermöglicht den Abschied von der Utopie des »perfekten Menschen« und gibt den Blick frei auf die Vielfalt des Imperfekten. Aus der Perspektive des christlichen Glaubens ist dies eine heilsame, geradezu befreiende Alternative: nicht dem perfekten Leben huldigen, sondern Ja sagen zum imperfekten, zum unvollkommenen Leben und gerade daran das »sehr gut« der Schöpfung (1 Mose 1,31) zu sehen. (…)
Dieser Weg macht unser Zusammenleben menschlich, das Miteinander barmherzig und das eigene Leben liebenswert. (…) Statt Menschen immer weiter zu perfektionieren, sollte der unvollendete und bruchstückhafte Charakter unseres Wesens in den Vordergrund treten: jede Persönlichkeit mit ihrer unverwechselbaren Geschichte, dem Erbe und den Lasten, die sie mitbringt, aber auch mit individuellen Varianten, mit Ecken und Kanten. Wo Menschen mit Mängeln und Macken, mit Schwächen und Grenzen akzeptiert werden, kann eine neue Kultur des Zusammenlebens entstehen.
Sensibilität für menschliche Vielfalt aufzubauen bedeutet, eine selbstreflexive Lebenshaltung zu erlernen, die die eigenen Gewohnheiten nicht überhöht, sondern relativiert. Es ist eine kirchliche und gesellschaftliche Aufgabe, diese »Heterogenitätssensibilität « zu fördern, festgelegte Muster der Wahrnehmung zu reflektieren und zu durchbrechen und vielfältige Handlungsoptionen anzubieten.“